Rund 2.500 Schulleiter trafen sich Mitte November für drei Tage in Düsseldorf, organisiert vom Verband Bildung und Erziehung VBE sowie Fleet Education Events. Der DSLK findet seit 2011 jährlich statt und hat sich zu einer wichtigen Austausch- und Weiterbildungs-Plattform für Schulleiter entwickelt. Neben vielen verschiedenen Fach-Foren gibt es ein paar besondere Auftritte, wie z.B. von der paraolympischen Goldmedaillen-Gewinnerin Christiane Reppe über Selbst-Motivation, Schwimm-Olympia-Siegerin Britta Steffen zu Lebenszyklen, Prof. Dr. Breyer-Mayerländer zu Führung und Kultur in der digitalisierten Schule. Im Fach-Forum zu Auslandspraktika kam auch unser Projekt „Connecting Youth“ zur Sprache. Die digitale Ergänzung oder sogar Ersatz von physischen Besuchen im Ausland ist auch hier ein großes Thema. Insgesamt gab es rund 40 Fachforen zu besuchen, viele parallel, um die Zeit optimal zu nutzen. Am Abschlusstag dann die große Podiumsdiskussion. Wie modernisieren wir die Schule?
WELCHE KATASTROPHE MUSS PASSIEREN, DAMIT WIR ENDLICH UNSER SCHULSYSTEM VERÄNDERN
Die Aussage in der Überschrift fiel, etwas mehr ausgeführt, bei eben dieser zentralen Podiumsdiskussion „Schule muss neu gedacht werden! Wie sieht die Schule der Zukunft aus?“. Der ehemalige Sprecher der Bundesschülerkonferenz Dario Schramm fing sein Eingangsstatement mit einer Analogie zur Energiewende an. Seit mehreren Jahrzehnten wisse man, dass Energie-Gewinnung und -verbrauch sich ändern muss. Es brauchte einen Krieg (Ukraine-Krieg) damit aus der Theorie Praxis wird. Was also braucht es damit die Schulbildung sich endlich ändert? Als ein Beispiel, wie es nicht funktioniert, wurde der Digitalpakt genannt. Es werden Milliarden bereitgestellt, die Beantragung ist so kompliziert, dass eine Lehrkraft damit einen guten Anteil seiner Arbeitszeit verbringen muss. Die entsprechende Spontan-Umfrage im Saal ließ rund 90% der Zuhörenden ihre Hand heben. Eine Evaluation, wie es in Wirklichkeit funktioniert, wurde im Sommer 2022 ausgeschrieben – ein Vorgang, der in der Wirtschaft undenkbar wäre und leider fast amateurhaft wirkt.
Passend dazu wurde das Grußwort der KMK-Leiterin zum Start und der geringe Beifall kommentiert. Die KMK (Kultusminister-Konferenz), in der die 16 Bundesländer das föderalistische deutsche Bildungs-System leben, fasse Beschlüsse – mit 16 Ausnahmen.
WIE IST DIE VISION VON SCHULE, UND HILFT DER FÖDERALISMUS?
Ob das föderalistische System, in der jedes Bundesland eigene Wege gehen kann auf Basis eines gemeinsamen Nenners, noch angemessen und zukunftsfähig sei gab es eine klare Aussage. Das föderalistische Bildungssystem muss weg, so die Meinung auf dem Podium, begleitet von Beifall.
Die durch dieses System erzeugte Vielfalt bremst eher, als dass sie förderlich wirke. Dazu gesellt sich die unklare Vision für Schulbildung und Schule im Allgemeinen. Was ist die Vision, was ist das Ziel? Hier gibt es Unklarheit, und damit keine klare zielführende Vorgehensweise. Für ein mögliches Ziel gab es auch Vorschläge.
- Schüler sollten lernen, was sie können, was nicht, was sie wollen, was nicht, wie sie kommunizieren.
- Dazu dann Basis-Wissen um sich in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik gut bewegen zu können.
Zu der Zieldefinition sollten alle Beteiligten beitragen und etwas entwickeln, das von allen getragen wird. Es müssen die Bedürfnisse aller Gruppen gesammelt werden, um dann mittels Priorisierung eine Vision und ein Ziel zu formulieren. Und dann müssen alle Parteien miteinander die Umsetzung gestalten: Schüler, Lehrer, Eltern, Behörden und Ministerien (vielleicht auch die „Abnehmer“ der Schüler, also Wirtschaft und Universitäten?). Wir haben schon vor einiger Zeit diese Interdependenzen in unserem Leitbild dargestellt:
ÄNDERUNG DES SYSTEMS SCHULE
Das System, das in seiner Basis vor rund 200 Jahren erfunden wurde, um Soldaten etwas zu erklären und sie zu drillen, bedarf einer drastischen Revision. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Ganztagsschulen, um die vielen überlasteten Eltern zu unterstützen und gleichzeitig den Kindern die bestmöglichen Entwicklungschancen zu geben. Schließlich fehlen ein Qualitätsmanagement sowie eine Anpassung der Schul-Realität an die späteren Wirkungsfelder. Während in Firmen die Gruppenarbeit als zentrales Werkzeug für gute und sehr gute Ergebnisse genutzt wird, fördert die Schule eher das Einzelkämpfertum durch Einzel-Prüfungen.
Weitere Parallelen zur Wirtschaft wurden an verschiedenen Stellen des DSLK 22 gezogen. Unter anderem wurde in einem Vortrag von Prof. Dr. Thomas Breyer-Mayländer, Professor für Medienmanagement in Offenburg, der Ansatz einer Doppelspitze an Schulen diskutiert. Pädagogische und wirtschaftlich, organisationale Führung müssten getrennt werden da es sich um zwei vollkommen unterschiedliche Disziplinen mit unterschiedlichen Kompetenzen handelt. In unserer komplexen Welt braucht es auch hier Spezialisierung. Lehrer sind Pädagogen, Rektoren brauchen Führungs- und Management Kompetenzen.
INTERNATIONALISIERUNG MITTELS DIGITALISIERUNG
Auch die Internationalisierung des Lernens durch Auslandsaufenthalte wurde auf dem DSLK behandelt. Ein gutes Beispiel wie motivierend der Austausch mit Schülern anderer Kulturen sein kann liefert z.B. das Projekt „Connecting Youth“ von Pro Bildung Schule, in Kooperation mit Zoom und Logitech. Ein rein digitales Projekt, mit geringen Aufwänden. Auch die klassischen Angebote wie Erasmus und Ausbildung weltweit gehen zu mehr hybriden Ansätzen über.
Gerade für ein international so abhängiges und verwobenes Land wie Deutschland ist der Ausbau internationaler Kompetenz sehr wichtig für die Zukunft.
Die Digitalisierung der Schule und damit zusammenhängende Herausforderungen war auf einer Vielzahl der Foren Thema – ein Dauerbrenner sozusagen.