Die meisten SchülerInnen und Eltern haben nach der Grundschule die Möglichkeit, sich zwischen verschiedenen weiterführenden Schulen zu entscheiden. Auch nach der Wahl der Schulform, also der Frage, ob das Kind auf das Gymnasium, die Realschule, die Gesamtschule etc. geht, stehen in der Regel noch mehrere Schulen zur Auswahl. Ein Kriterium, das bei der Entscheidung eine Rolle spielen sollte, ist der Grad der Digitalisierung und das Medienbildungskonzept einer Schule. Hierbei gilt: Es reicht nicht, dass Tablets oder Laptops zur Verfügung stehen. Die Frage ist vielmehr, ob und wie sie eingesetzt werden.
ABER SELBST WENN ES GENÜGEND TABLETS ODER SOGAR LAPTOPS GIBT, STELLT SICH DIE FRAGE, WIE DIESE GENUTZT WERDEN
2016 wurde von der Kultusministerkonferenz die Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ veröffentlicht und für weiterführende Schulen gefordert, dass „möglichst bis 2021 jede Schülerin und jeder Schüler jederzeit, wenn es aus pädagogischer Sicht im Unterrichtsverlauf sinnvoll ist, eine digitale Lernumgebung und einen Zugang zum Internet nutzen kann“. Dies setzt natürlich voraus, dass die SchülerInnen auch ein sogenanntes digitales Endgerät, also z. B. ein Tablet oder einen Laptop zur Verfügung haben. Bewusst offen formuliert, kann es sich dabei um eigene Geräte oder schulische Geräte handeln. Leider wurde diese Forderung nicht wie gefordert bis zum letzten Jahr erfüllt. Die meisten Schulen sind noch weit davon entfernt. Trotz der fünf Milliarden Euro des Digitalpaktes und zusätzlicher Mittel für die Anschaffung von Endgeräten während der coronabedingten Schulschließungen, gibt es oft außer den Geräten in den Computerräumen und einigen mobilen Klassensätzen an Tablets nicht genügend Geräte. Wenn diese nicht rechtzeitig von LehrerInnen reserviert werden, muss der Unterricht klassisch analog stattfinden. Aber selbst wenn es genügend Tablets oder sogar Laptops gibt, stellt sich die Frage, wie diese genutzt werden.
HARDWARE
Abhängig von der Finanzstärke der Schulträger, dem politischen Willen der Gemeinderäte und der Kompetenz der kommunalen Verwaltung, gibt es sehr unterschiedliche Ausstattungen in den Schulen. Die digitale Infrastruktur wird nämlich nicht von den Ländern oder dem Bund finanziert, sondern von den Schulträgern. Aber auch zwischen Schulen, die vom gleichen Schulträger ausgestattet werden, gibt es große Unterschiede. Fragen Sie daher nach, welche digitalen Geräte an der Schule zur Verfügung stehen und wer sie nutzen darf. In manchen Schulen gibt es spezielle Klassen, in der jede Schülerin und jeder Schüler in jeder Stunde sowie bei den Hausaufgaben ein Tablet zur Verfügung hat. Parallelklassen arbeiten in diesem Fall oft ohne den regelmäßigen Einsatz digitaler Geräte. Andere Schulen haben mobile Klassensätze an Tablets oder Laptops. Hier ist es wichtig zu wissen, wie viele es gibt. Je mehr es sind, desto häufi ger wird ihr Kind die Möglichkeit haben, mit diesen zu arbeiten. Grob kann man sagen, dass die Anzahl an Geräten mindestens 20 Prozent der SchülerInnenzahl entsprechen sollte. Achten Sie auch darauf, welche Geräte genutzt werden. Tablets ohne zusätzliche Tastaturen sind eher nicht für den täglichen Einsatz im Unterricht geeignet. Bleiben noch drei wichtige Fragen in Bezug auf die Hardware, die Sie berücksichtigen sollten:
Wer bezahlt die Anschaffung?
Es gibt Schulen, bei denen die Eltern die Geräte kaufen, während andere Schulen diese kostenlos zur Verfügung stellen. Fragen Sie daher im Vorfeld nach.
Wie sind die Lehrkräfte ausgestattet?
So absurd es scheinen mag, aber es ist nicht selbstverständlich, dass ein/e LehrerIn ein Dienstgerät zur Verfügung gestellt bekommt. Noch viel zu häufig können sie nur dann digital arbeiten, wenn sie sich auf eigene Kosten einen Computer anschaffen. Das führt dann dazu, dass in einer Schule unterschiedlichste Gerätearten von verschiedensten Herstellern und mit diversen Betriebssystemen im Einsatz sind. Dadurch wird eine Kooperation, gegenseitige Hilfe und technischer Support erschwert. Diese Probleme treten weniger auf, wenn LehrerInnen ein Gerät zentral zur Verfügung gestellt bekommen.
Gibt es Internet?
Ohne Internetzugang sind Tablets und Laptops nur eingeschränkt einsetzbar. Fragen Sie nach, wie die Netzwerkausstattung an der Schule ist. Gibt es WLAN oder LAN? Und wie hoch ist die Bandbreite der Verbindungen? Sollte die Internetgeschwindigkeit zu gering sein, kann der digitale Unterricht schnell anstrengend werden.
SOFTWARE
Hardware allein reicht aber natürlich nicht aus! Wie es bereits in der Überschrift heißt, ein Computer macht noch keine digitale Schule. Die Ausstattung mit Hardware ist die notwendige Voraussetzung für …
1. einen modernen Unterricht, der SchülerInnen befähigt, in einer digitalisierten Welt zu leben und zu arbeiten.
2. den sinnvollen Einsatz intelligenter Tutorsysteme (z. B. von Bettermarks oder SmartResponse von Westermann), so dass jede/r SchülerIn individuelles Feedback und passende Aufgaben erhält.
3. die Vermittlung der sogenannten „4Ks“. Den Kompetenzen, die im 21. Jahrhundert immer relevanter werden. Dabei handelt es sich um die Kompetenzen Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken. Fragen Sie nach, ob die Schule eine Lernplattform, einen Schulmessenger und oder eine Schulcloud nutzt. Dies sollte mindestens für einen dieser Lösungen der Fall sein. Ansonsten kann die Schule nicht wirklich behaupten, digital gut aufgestellt zu sein. Ebenfalls sinnvoll ist es, wenn die genutzten Schulbücher zusätzlich digital zur Verfügung stehen. Die großen Schulbuchverlage bieten dafür neben den digitalisierten Seiten auch zusätzliche Inhalte und Aufgaben an.
MEDIENKONZEPT
Der wichtigste Punkt kommt zuletzt. Um herauszufinden, wie es mit der digitalen Transformation der Schule steht, sollten Sie sich erkundigen, wie dieses Thema „gelebt“ wird. Auf der Internetseite einer Schule kann viel stehen, und an einem Tag der offenen Tür kann viel behauptet werden, daher kommt es darauf an zu wissen, wie es im Alltag aussieht.
1. Fragen Sie SchülerInnen, die bereits auf der Schule sind, wie oft und wofür sie digitale Endgeräte nutzen.
2. Erkundigen Sie sich, ob es Projekttage oder Medienwochen gibt, während derer digitale Kompetenzen (z. B. Nachrichten-und Informationskompetenz) gezielt vermittelt werden.
3. Schauen Sie ins Schulcurriculum. Wie gehen die einzelnen Fächer mit dem Thema um? Wird zum Beispiel im Matheunterricht das Arbeiten mit einer Tabellenkalkulation behandelt und im Fremdsprachenunterricht z. B. die Bearbeitung von Audio- und Videodateien?
Zum Schluss stellt sich noch die Frage, wie die Schule mit den negativen Auswirkungen der Digitalisierung umgeht. Auch wenn es klar ist, dass Unterricht in Zukunft analog und digital sein muss, sollten SchülerInnen sensibilisiert werden, wenn es z. B. um Cybermobbing, übermäßigen Medienkonsum, die Rolle von sozialen Medien beim Heranwachsen, Datenschutz oder auch Nachhaltigkeit geht. Zum Teil handelt es sich um emen, die sehr stark in den Bereich Erziehung gehen und damit zum großen Teil im Elternhaus stattfinden müssen. Idealerweise wird dies aber vonseiten der Schule unterstützt, sodass Ihre Kinder zu mündigen NutzerInnen digitaler Medien werden und wissen, wann sie auch mal auf das Digitale verzichten können.
FLORIAN NUXOLL Englisch- und Gemeinschaftskundelehrer am Gymnasium der Geschwister-Scholl-Schule in Tübingen, wissenschaflicher Mitarbeiter der Universität Tübingen